Schachcomputer: Schwachmaten und Helden (1)

Von Ruhm und Glanz ist wenig über. Schachcomputer aus der goldenen Ära, die kaum länger als ein Jahrzehnt dauerte und vor etwa fünfzehn Jahren zu Ende ging, sind Objekte der Technik-Nostalgie geworden. Von ihrer Spielstärke haben sie nichts eingebüßt - aber sie wurden längst von PC-Schachsoftware um hunderte Elopunkte abgehängt. Viele unserer Sammlerstücke waren einem Hobbyspieler schon überlegen, zum Teil sogar starken Klubspielern vom Erfolgspotential her ebenbürtig. Doch es besteht ein großer, nicht leicht erfaßbarer Rückstand auf die Leistung aktueller Schachprogramme. Mit einer Serie experimenteller Zweikämpfe wollte ich Material sammeln, das diesen Fortschritt illustrieren kann.

Die Methode dazu: 13 höchst unterschiedliche Geräte spielten je vier Partien gegen diverse gute Schachengines. Als Kompromiß zwischen Zeitaufwand und Partienzahl waren die Schachcomputer auf Stufen mit etwa 45 bis 60 Sekunden je Zug, bzw. entsprechende Zeitkontrollen, eingestellt. Besonders die alten Modelle haben übrigens oft und gerne deutlich mehr als die vorgesehenen Durchschnittszeiten verbraucht. Der Rechentiefeunterschied dieser Stufen zur Turnierstufe 40/2h ist im Mittel geringer als ein Halbzug (bei jetzt aktuellen Programmen wäre er deutlich größer als ein Halbzug).

Die modernen Gegner wurden auf eine Rechentiefe von zehn Halbzügen fixiert, außer Hiarcs 9 (T9). Je nach Stellung, Computer und Engine beträgt der Zeitbedarf dafür meistens nur einige Sekunden, zum Teil sogar nur Zehntelsekunden je Zug. Trotzdem stellt das für die Oldies eine übermächtige Herausforderung dar, denn deren Tiefen lagen typischerweise eher bei fünf bis sieben Halbzügen, im Endspiel vielleicht etwas mehr. Nur der Mephisto Risc zeigte vereinzelt ebenfalls zehn oder gar elf Halbzüge an.

Die Museumsstücke eröffneten je eine Testpartie mit 1.e4 und 1.d4, und hatten mit Schwarz auf 1.c4 und 1.Sf3 zu erwidern. In einigen Fällen habe ich ein wenig mit Einstellungen experimentiert (dann ist das beim Gerätenamen notiert), was aber keine besonderen Eindrücke vermittelte. PC-seitig kamen die neutralen mitteltiefen Xmas-Testbücher zur Anwendung.

Download der Partien:
Schacos_2007 (cbv, 32 KB) (CBV für Fritz / ChessBase-Progs)
SC2007PGN_eng-infos (zip, 24 KB) (PGN mit Recheninfos, altes Format)
SC2007PGN_movesonly (zip, 11 KB) (kompakte PGN ohne Kommentare)


In den nächsten beiden Einträgen sind einige Kommentare und Stellungsbeispiele zu finden.
Carsten Prauss - 10. Apr, 17:07

Schachcomputer: Schwachmaten und Helden (1)

Hallo Michael,
ersteinmal danke für das Experiment. Habe die Partien runtergeladen und teilweise nachgespielt. Allerdings wäre es nicht besser bzw. gerechter gewesen die Rechentiefe der Engines auf 5 - 7 Halbzüge zu begrenzen um vergleichbare Ergebnisse zu bekommen.Mein Bruder hat ein Wettkampf Fritz 7 vs Travel Champion gemacht,zwar nur 4 Partien mit Begrenzung auf 4 Halbzüge,Endstand 2 1/2 zu 1 1/2 für den Travel Champion.Vielleicht kannst Du das Experiment mal mit weniger Halbzügen wiederholen bzw. mich interessiert Deine Meinung dazu.

MfG.

Carsten Prauß

Permanent_Brain - 11. Apr, 20:53

Fortschritt illustriert

Das erinnert mich an eine Reaktion aus einem Computerschachforum: Sinngemäß, höchstwahrscheinlich sind moderne Engines sogar bei gleicher nomineller Tiefe stärker, weil sie viel effektivere Extensions (selektive Sucherweiterungen) machen. Für eine Chancengleichheit sollte man vermutlich eher die Oldies auf größere Rechentiefen stellen als die heutigen Programme (dazu paßt das zitierte Beispiel Fritz 7 T4 vs. Travel Champion).

Die Extensions moderner Engines können wirklich treffsicher sein: Für mich ist ein Fritz selbst auf Tiefe 2 kein Jausengegner. Die selektiven Varianten reichen viel weiter und scheinen meist das wesentliche abzudecken. Insofern wundert mich fast, daß der Travel Champion 2 1/2 aus 4 gegen vier Fritz 7-Halbzüge erzielte. Ich nehme an, das war auf Turnierstufe. Das ist anscheinend ein etwas jüngerer Schachcomputer als meine, mit Programm von Frans Morsch.

Aber Ausgewogenheit der Chancen war ja nicht das Ziel des Experimentes, vielmehr sollte der Gesamtfortschritt (Software & Hardware) auf dem Sektor klar erkennbar werden bzw. mit Partien illustriert werden. Das ist gelungen: Die Engines auf einem 1,2 GHz-PC - auch nicht mehr der letzte Schrei :-) haben mit einem winzigen Bruchteil des Zeitbedarfs überragend gesiegt. Aufgrund der Ergebnisse zweifle ich nicht, daß es etwa bei Engines: 9 Halbzügen gegen Compis: Turnierstufe kaum anders ausgesehen hätte.

Auf meiner Homepage sind noch zwei (recht alte) Berichte von ähnlichen Turnieren:

http://members.aon.at/computerschach/oldies2/oldies2a.htm

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